Schwerter zu Pflugscharen

In der eben eben erschienen 39. FriedensDekade wird auch eine Meditation zu meinem Bild „Shadow Cross“ angeboten.

 

friedensklima

Ökumenische FriedensDekade

10. bis 20. November 2019


In der eben eben erschienen 39. FriedensDekade wird auch eine Meditation zu meinem Bild „Shadow Cross“ angeboten. Dieses Bild hing während meiner Ausstellung „What Remains“ der Evangelischen Akademie Bad Boll als Altarbild in der Kapelle. Die Meditation darüber Wo stehst du? Was siehst du? wurde von Prof. Dr. Hans-Ulrich Gehring verfasst.

 

Die diesjährige Ausgabe friedensklima bietet darüber hinaus umfangreiches Material zu ökumenischen Gottesdiensten, Workshops, Liedern, Veranstaltungen, Filmbesprechungen und Texten zu kirchlichen und gesellschaftlichen politischen Themen wie den Rechtsruck oder auch eine Unterschriften Liste zum Kohleausstieg.

 

Geboren wurde die Idee zur FriedensDekade (anfangs “Friedenswoche” genannt) in den Niederlanden. Dort hatte der “Interkirchliche Friedensrat” die Friedenswoche eingeführt, um das Engagement der Kirchenmitglieder für Friedensfragen zu stärken. In der Vollversammlung des EYCE (Ökumenischer Jugendrat in Europa) wurde 1979 die Anregung allen Mitgliedern nahe gelegt. In West- und Ostdeutschland wurde die Idee gleichzeitig im Jahre 1980 aufgenommen.

 

Mehr Informationen finden Sie auf www.friedensdekade.de 

Meditation zum Bild ‚Shadow Cross‘ von Markus Wilke

 

Wo stehst Du? Was siehst Du?

 

Stehst Du mir gegenüber, betrachtest Du mich, überlegst, was Du siehst? Diese Ballen aus Abfall. Diesen Müllberg auf Halde, sorgfältig sortiert und gestapelt, verschnürt und entsorgt, wie man sagt. Oder schwebst Du jetzt über mir, siehst auf sie herab, diese sorgsam verschnürten Packen, von oben, aus der Vogelperspektive?

Jedenfalls siehst Du den Schatten. Du musst ihn sehen. Diesen Spalt, an dem die Ordnung sich auflöst. Diesen Schlund, in den der Abfall hineinfällt und (freilich nur scheinbar) verschwindet. Was Du da siehst, ist Dein eigener Schatten. Das dunkle Kreuz, das sich formt aus dem, was Du entsorgst, wie es heißt. Und das doch wieder zu Dir zurückkehren wird. Unsichtbar geworden, unendlich klein, zerrieben mit der Zeit, pulverisiert von den Elementen zu winzigen Partikeln, die du in Dich aufnimmst mit dem, was Du isst, was Du atmest, was Du aufträgst auf Deine Haut.

 

Wo stehst Du? Was siehst Du? Dinge, die Du entsorgst, wie es heißt. Die Du Dir von Hals schaffst, aus den Augen, aus dem Sinn. Und die doch nicht verschwinden, sondern wiederkehren, durch Hals und Haut in Deinen Körper. Entdeckst Du Dich also selbst in diesem Abfall, diesem Schlund, diesem Schatten? Ahnst Du darin womöglich Dein eigenes Verschwinden? Erkennst Du sie, diese finstere Ordnungslogik des Entsorgens, die auf Dich zurückschlägst, auf die Art, wie Du lebst und mit Leben umgehst, mit dem eigenen und all den anderen Lebensformen?

 

Siehst Du diesen Schatten. Du musst ihn sehen. Das Kreuz, das sich formt aus den Dingen, die abfallen, Tag für Tag, und die Du dennoch nicht loswirst. Ein Kreuz für alle Kreatur, also auch, täusch‘ Dich nicht, sieh genau hin: Für Dich selbst.

 

Die Bilder des Reutlinger Künstlers Markus Wilke sind, wie das hier gezeigte Arbeit ‚Shadow Cross‘, keine fotorealistischen Darstellungen. Es sind sorgfältig komponierte Studien aus Form und Farbe. In ihren Sujets wie in ihrem Stil bearbeiten sie die Spannung zwischen Struktur und Auflösung, zwischen Konkretion und Abstraktion. Minutiös, ja fast manieristisch gemalt, konfrontieren sie uns mit dem, was wir hinterlassen, unserem Zivilisationsmüll, und darin mit unserer eigenen Vergänglichkeit. In diesem Sinn stehen sie in der Tradition der barocken ‚Vanitas-Bilder‘. Diese Malerei irritiert, weil sie einerseits ästhetisch ansprechend ist, durchaus schön anzusehen. Und andererseits zugleich dringliche Fragen stellt, etwa die, was wir hinterlassen, was von uns bleibt, nach uns sein wird – eine Sintflut aus Müll?

 

So fragen sie ihre Betrachter*innen, fragen sie uns auf ebenso faszinierende wie fordernde Weise:

 

Wo stehst Du? Was siehst Du? Was tust Du?


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